Seid wachsam!
Bräuche ändern sich. Was in meiner Jugendzeit noch selbstverständlich war, kennt heute kaum noch jemand. Das gilt auch für Hochzeitsbräuche.
Zur Zeit Jesu war es offensichtlich guter Brauch, dass Jungfrauen den Bräutigam empfangen und zum Festsaal geleitet haben. Im Gleichnis Jesu sind es zehn Jungfrauen: fünf kluge und fünf törichte,
dumme. Die klugen haben schon damit gerechnet, dass es spät werden könnte, bis der Bräutigam kommt. Sie haben deshalb nicht nur ihre Lampen, sondern auch Öl zu Nachfüllen mitgenommen. Die dummen
Jungfrauen haben nicht so weit gedacht.
Tatsächlich wird es spät und alle Jungfrauen schlafen ein. Mitten in der Nacht wird es laut: der Bräutigam kommt. Die klugen richten ihre Lampen her und können den Bräutigam empfangen. Die dummen
müssen sich erst Öl besorgen. Als sie endlich zum Hochzeitssaal kommen, sind die Türen verschlossen. Ihr Klopfen und Rufen hilft ihnen nichts. Der Bräutigam hat kein Mitleid: ich kenne euch
nicht!
Gorbatschow wird der Satz zugeschrieben: wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Straft auch Gott? Straft auch Christus?
Das glaube ich nicht. Aber mein Denken, Reden und Handeln hat Konsequenzen. Ich entscheide damit, wie nah oder fern ich Christus stehe. Deshalb mahnt er uns: sei wachsam!
Was meint er damit? Etwas später sagt er es deutlich: was ihr einer meiner geringsten Schwestern, was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. Wer die Not und das
Leid eines Menschen sieht und ihm hilft, der tut das zugleich für Christus. Aktuell kann das heißen: Wer bei der Tafel mitarbeitet oder sich um Flüchtlinge kümmert, der dient Christus und kann
dann auch mit ihm ein Fest feiern.
Karl Wuchterl