Fortsetzung:
Offener Brief-
der Bürgermeister der Gemeinden Rechtmehring, Soyen und Albaching (RSA)
zur Vorgehensweise anlässlich der vermeintlichen „Schieflage“ des Bankhauses RSA
Indes bietet unser Wirtschaftssystem Unternehmen, deren Ausrichtung naturgemäß umsatz- bzw. gewinnorientiert ist - und dazu zählen selbstverständlich auch der Großteil der nicht genossenschaftlichen Banken - ein breites Spektrum an Gesellschafts- bzw. Unternehmensformen.
Unsere Besorgnis begründet sich nun in einem radikalen Angriff gegen das Leitbild des Bankhauses RSA. Wir sehen den bewährten und seit über 125 Jahren bestehenden Genossenschaftsgedanken gefährdet, dem unsere Bürgerinnen und Bürger nicht nur vertrauen, sondern den sie seit Generationen wertschätzen und beibehalten möchten.
Das Bankhaus RSA wurde vor 125 Jahren gegründet von Menschen aus unserer Region, von Bürgerinnen und Bürgern unserer drei
Gemeinden. Es waren Männer und Frauen, die über Generationen den Genossenschaftsgedanken „Was der Einzelne nicht schafft, schaffen Viele“
gelebt haben. Es waren Männer und Frauen, die das Ziel hatten, etwas zu schaffen, was der Gemeinschaft, dem Handwerker, dem Unternehmer, dem Landwirt oder einfach dem Nachbarn hilft, wenn es um
irgendeine Art von Finanzierung oder Geldangelegenheiten ging.
Diese anfangs kleinen Genossenschaftsbanken wurden lange Zeit von ehrenamtlichen Vorständen und Aufsichtsräten geführt. Verantwortungsvoll brachten sich hier Amalie Merkel, Sebastian Krug, August Seidinger, Wilhelm Grundner, Nikolaus Spagl, oder Josef Machl bis Ende der 70er Jahre ein, um dann zum richtigen Zeitpunkt die Entscheidung zu treffen, für die Raiffeisenbank Rechtmehring-Soyen-Albaching hauptamtliche Vorstände zu berufen.
Diese ehrbaren Bürger aus den Gemeinden handelten stets im Sinne der Genossenschaft und der Gedanke, die Umsätze oder den Gewinn der Bank um ihrer selbst willen nach oben zu treiben, lag ihnen fern.
Über die Jahrzehnte wurde auch anschließend diese unsere Bank von Vorständen geleitet, die im Sinne des Genossenschaftsgedankens ihre Tätigkeit ausführten, was wohl auch im Verband stets mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen wurde und von Seiten des Verbands in der Generalversammlung 2024 nochmals besondere Erwähnung fand.
Unterstützt wurde und wird dies durch die gewissenhafte Aufgabenwahrnehmung der Aufsichtsräte, die sich mit den Grundsätzen und Leitbild des Bankhauses sowohl in der Vergangenheit also auch zum jetzigen Zeitpunkt identifizieren. Unsere Aufsichtsräte waren und sind von jeher ortsbekannte Unternehmer, Handwerker, Landwirte oder Bürger die in unseren Gemeinden hohes Ansehen genießen.
Und nun genau nach 125 Jahren soll Schluss sein mit dem Bankhaus RSA?!
Man spricht von „Strategischer Weiterentwicklung“ im Interesse der Mitglieder. Von „Partnerschaft um die Handlungsfähigkeit und Stabilität des Hauses“ zu stärken und von „Veränderung in der Führung“. Die Mitglieder erhalten gut formulierte, jedoch eigentlich inhaltslose Informationen, was hier in ihrem Sinne sein soll.
Aus dem Schreiben des derzeitigen Vorstands mit Generalvollmacht, der die RSA wohl im Auftrag des GVB leitet, lässt sich entnehmen, dass es bereits beschlossene Sache zwischen Verband und dem Vorstandvorsitzenden der Rosenheimer Bank Wolfgang Altmüller ist, dass nur eine Fusion mit Rosenheim die RSA „retten“ könne.
Möglicherweise wurden in der Vergangenheit Fehler gemacht, wie es in dem erwähnten Schreiben heißt. So sollen bei der Jahresabschlussprüfung 2024 Feststellungen getroffen worden sein, was die wirtschaftlichen und regulatorischen Veränderungen anbelangt. Prüfer bemängeln, dass die Anforderungen an die Risikovorsorge sich nicht den Entwicklungen des Immobilienmarktes angepasst hätten. Das können wir Bürgermeister natürlich nicht beurteilen.
Aber erlauben Sie uns die direkte Frage: Begründet sich hierin eine akute Krise, wie es propagiert wird? Bilden die möglicherweise berechtigten Hinweise auf Verbesserungsbedarf nicht einfach nur eine Basis, auf der nun weitergearbeitet werden kann. Wo gearbeitet wird passieren Fehler. Und man kann aus Fehlern lernen, aber man sollte die Gelegenheit dazu bekommen. Was den Vorständen der RSA Alfred Pongratz und Andreas Thalmeier verwehrt wurde, aus welchen Gründen auch immer!
Zudem stellt sich die berechtigte Frage, warum sind den Prüfern die Defizite im regulatorischen Bereich, in der Bewertung von Immobilien oder in der Risikovorsorge in den Vorjahren nicht aufgefallen? Damit hätten wir schon zwei Parteien, die vermutlich Fehler gemacht haben, die Vorstände und die Prüfer?
Aus der hier dargestellten Sichtweise bitten wir nun den Genossenschaftsverband um Beantwortung folgender Fragen:
· - In der diesjährigen Prüfung wurden Fehler durch eine „fundierte Analyse“ festgestellt. Wäre es nicht originäre Aufgabe des Genossenschaftsverbands zusammen mit den Prüfern, den Vorständen und dem Aufsichtsrat diese Fehler zu analysieren und dem Vorstand Hilfestellung zu leisten, um die Fehler und Versäumnisse zu beseitigen?
- Sollte man nicht den Vorständen Alfred Pongratz und Andreas Thalmeier Gelegenheit geben, die vornehmlich vorhandenen Fehler selbst zu beheben, anstatt sie durch die BaFin abzuberufen und durch Vorstände zu ersetzten die dem Bankhaus Rosenheim nahestehen?
-Wie kann es sein, dass bereits kurz nach Prüfungsbeginn im Mai 2025 auf der Internetplattform „Platow-Brief“ veröffentlicht wird, dass die RSA im Schieflage ist, obwohl zu diesem Zeitpunkt nur die Prüfer etwas hierzu wissen konnten?
- Warum hält der GVB im Falle des Bankhauses RSA, nicht an seinen genossenschaftlichen Prinzipien fest, die Genossenschaftsbanken zu fördern, was für die ländlichen Bereiche wie den unseren äußerst wichtig ist, anstatt sie in die Fusion mit Großbanken zu treiben?
- Es liegt der Verdacht nahe und wird auch offen diskutiert, dass hier eine Fusion angestrebt wird, nachdem sich Bürger besorgt meldeten und nachfragten, warum große Limousinen mit Münchner (M) und Berliner (B) Kennzeichen und Männern mit „finsteren“ Minen sich plötzlich für unsere „Dorf-Bank“ in Rechtmehring interessieren.
Klingt vielleicht ein wenig naiv oder lapidar, ist es aber nicht. Es ist die Bank unserer Genossinnen und Genossen und unserer Bürger wollen sie einfach nur „behalten“, weil sie zufrieden sind und die Arbeit des gesamten RSA-Bankhaus-Teams sehr schätzen. Sie wollen keine Änderungen und Einmischungen, die sich nach Ansicht der Bevölkerung nur auf dubiose Gerüchte beziehen. Sie stellen das Bankhaus nicht in Frage!
Laut Pressebericht vom 22. August im OVB hat der Pressesprecher des GVB Dr. Gerald Schneider den Unterschied zwischen Kooperation und Fusion erklärt: „Kooperation bedeutet: Zwei Institute arbeiten in bestimmten Bereichen enger zusammen – etwa um Synergien zu nutzen, Know-how zu bündeln oder gemeinsame Projekte umzusetzen. Dabei bleiben beide Banken rechtlich selbständig und eigenständig handlungsfähig“
Diese Aussage ist aber nur von Bedeutung, wenn auch die „zu übernehmende Bank“, hier die RSA, ihre Selbständigkeit durch
eigene, durch den Aufsichtsrat bestellte Vorstände bewahren kann. Nicht aber, wenn die eigenen Vorstände bereits mit Abschluss eines Kooperationsvertrags mit Zustimmung vom GVB und BaFin durch
Vorstände der „übernehmenden Bank“, hier die VR Bank Rosenheim, ersetzt werden. Damit hat man die rechtliche Selbständigkeit und die eigenständige Handlungsfähigkeit der RSA ausgehoben.
Auf der Internetseite https://www.pnp.de wurde am 12.06.2025 der Vorstandschef der größten Genossenschaftsbank Bayerns (meine VR Bank eG Rosenheim) Wolfgang Altmüller mit der Aussage auf der Vertreterversammlung in Rosenheim zitiert, dass er im Sinne eines weiteren Wachstums seiner Bank auch in 2025 „Chancen ergreifen“ will.
- Wie steht der GVB zu diesen Ambitionen, dass einzelne Banken immer größer werden, die Vorstände mehr Macht bekommen und somit in der Bankenlandschaft, insbesondere die kleinen und mittleren Genossenschaftsbanken verschwinden und in Folge die Macht der Banken und deren Vorstände auf einige wenige Großbanken gebündelt wird.
-Wie steht der GBV zu der kürzlich von der BaFin vorgeschlagenen und im Handelsblatt am 22.08.2025 veröffentlichten „Reform zur Entlastung von Kleinbanken“? Die Reform schlägt vor, dass die von den Sparkassen und Volksbanken seit Jahren beklagten komplexen Regulierungen Kleinbanken überfordern, obwohl diese kein Risko für das Finanzsystem darstellen. Diese Reform würde auch für Banken wie die RSA einige Erleichterungen in Bezug auf wachsenden Bürokratismus und überbordende Regularien bringen.
In diesem Sinne hatten sich unsere Vorstände Thomas Rinberger und Alfred Pongratz bereits 2019 in einem „Brandbrief“ an die Politik, Aufsicht und Wirtschaftsverbände gewandt, um auf die Erhaltung des deutschen „Dreibankenmodells“ und die ständig steigende regulatorischen Anforderung hinzuweisen und sind damit auf große Zustimmung gestoßen. Der „Brandbrief“ wurde damals im Bayerischen Landtag, im Bundestag und sogar im europäischen Parlament behandelt. In einem Treffen mit Vertretern der BaFin und der Bundesbank im Jahr 2024 im Bankhaus von Rechtmehring wurde mehrfach deutlich, dass manch überzogene Regelung nicht von der Bankenaufsicht kommt, sondern von den eigenen Verbänden und Prüfungs-gesellschaften. Der Vertreter des GVB, Steffen Hahn, versprach, die Erkenntnisse aus dem Gespräch mit den Vorständen des Bankhauses RSA in die Verbandsarbeit einfließen zu lassen. Insofern wurde das Gespräch in Rechtmehring als Gewinn für alle Beteiligten gesehen, aber eine Reaktion des GVB blieb bisher scheinbar aus.
Die Genossenschaftsidee und die Praxis der Umsetzung wurde im November 2016 zum „Immateriellen UNESCO Kulturerbe der Menschheit“ aufgenommen und sollte für den GVB oberste Priorität haben.
Wir Bürgermeister, die Bürgerinnen und Bürger, das Team des RSA-Bankhauses vertrauen darauf, dass sich der GVB dieser Verantwortung bewusst ist und hoffen, dass Sie nicht nur erkennen, dass hier etwas gegen den Willen unserer Bürgerinnen und Bürger zerstört werden soll. Sondern Maßnahmen ergreifen, die ermöglichen, dass unsere motivierten und fähigen Vorstände auf Basis der Prüfungsergebnisse ihre so geschätzte Arbeit fortsetzen können.
Ganz im Sinne unserer Genossenschaft, denn:
- Das Bankhaus RSA mit seinen Niederlassungen in Rechtmehring, Soyen und Albaching, stellt genau das dar, wofür eine Genossenschaft gedacht ist und einstehen soll: Förderung der Mitglieder und ihrer Region und Bewahrung der Werte des Friedrich Wilhelm Raiffeisen.
- Unsere Geschäftsstellen stellen in jeder Gemeinde den Mittepunkt des geschäftlichen und gesellschaftlichen Lebens dar. Sie bieten nicht nur den Kunden und Mitgliedern einen verlässlichen Ansprechpartner in allen Finanzangelegenheiten, sondern auch vielen Menschen in der Region einen sicheren Arbeitsplatz. Man war bisher stolz ein „RSA-ler“ zu sein und in einer Bank zu arbeiten mit dem Slogan „angenehm anders“!
- Auch die Gemeinden profitieren in nicht unerheblichen Maßen durch die Gewerbesteuer der RSA und wir konnten damit viele Pflichtaufgaben umsetzen, die uns von staatlicher Seite auferlegt wurden. Beispielsweise, was den Bau und Unterhalt von Kindergärten, Schulen und der Infrastruktur in unseren Gemeinden anbelangt.
Die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden fordern den GVB zum Umdenken auf, was die Zukunft des Bankhauses RSA anbelangt. Wir und die besorgten Mitglieder und Kunden, die sich bei uns melden, sind uns sicher, dass sich das Bankhaus RSA mit den bisherigen Vorständen Pongratz und Thalmeier aus dieser vermeintlichen „Schieflage“ selbst befreien kann, wenn man ihnen die Gelegenheit dazu gibt.
Über eine Rückmeldung und die Beantwortung unserer Fragen würden wir uns freuen, stehen aber jederzeit für ein klärendes Gespräch in einem unserer Rathäuser zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Linner
Thomas Weber
Rudolf Schreyer